(von Tobias R. Thauer M.A.*)
Der Bundesrat hat am 18.10.2024 nach umfangreichen Erörterungen mit Regierung und Bundestag dem IV. Bürokratieentlastungsgesetz zugestimmt, welches auch diverse arbeitsrechtliche Neuerungen mit sich bringt. Der folgende Beitrag zeigt die wesentlichen Änderungen auf, die für die Praxis der Personalverwaltungen der (öffentlichen) Arbeitgeber von Relevanz sind.
1. Änderungen im Nachweisgesetz (NachwG) – Möglichkeit der Textform
Die letzte Novellierung des NachwG hat einen nicht geringen Mehraufwand für die (öffentlichen) Arbeitgeber mit sich gebracht, gerade in personalintensiven Verwaltungen mit hoher Fluktuation. Wesentliche Elemente des Arbeitsvertrags, beispielsweise Arbeitszeit, Vergütung und anwendbare Tarifverträge, mussten zwingend in Schriftform („wet ink“) innerhalb einer bestimmten Frist niedergeschrieben werden. Dies konnte im (schriftlichen) Arbeitsvertrag oder in einem weiteren Papier („Beipackzettel“) erfolgen. Während einige der im NachwG geforderten Informationen -richtigerweise- bereits im (ohnehin zumeist schriftlichen) Arbeitsvertrag vereinbart werden sollten, so ist es für die Praxis der Personalverwaltungen nur bedingt nachvollziehbar, warum beispielsweise der Hinweis, dass eine Kündigung der Schriftform bedarf, zusätzlich schriftlich in dem Beipackzettel nach NachwG zum Arbeitsvertrag erfolgen muss, da sich dies ohnehin zwingend aus § 623 BGB ergibt.
Mit der Verabschiedung des BEG IV ist die Erfüllung dieser Nachweispflicht zukünftig auch in Textform zulässig, soweit das Dokument für den Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann. Zudem muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit der Übermittlung auffordern, einen Empfangsnachweis zu erteilen.
2. Anträge auf Elternzeit, Pflegezeit oder Elternteilzeit
Mit dem BEG IV besteht zukünftig die Möglichkeit, dass Anträge nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) auf Elternzeit nach § 16 BEEG oder Elternteilzeit nach § 15 BEEG (Teilzeittätigkeit innerhalb der Elternzeit) auch in Textform, beispielsweise mit einer E-Mail, rechtswirksam gestellt werden können. Bisher bedurfte dies zwingend der Schriftform. Auch eine etwaige Ablehnung -beispielsweise einer Elternteilzeit- und die notwendige Begründung ist für die (öffentlichen) Arbeitgeber zukünftig in Textform zulässig. Dies sorgt nicht nur für einen geringeren Aufwand und Zeitersparnis auf Seiten der Personalverwaltungen – auch für Eltern stellt diese Vereinfachung im Antragsverfahren sicherlich eine Erleichterung dar.
3. Aushangpflichten nach ArbZG und JArbSchG
Die Änderungen des BEG IV umfassen auch die Aushangpflicht für bestimmte Regelungen nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG).
Bisher mussten (öffentliche) Arbeitgeber, die mindestens einen Jugendlichen beschäftigten, bestimmte Regelungen und Gesetze den Kinder- und Jugendschutz betreffend in physischer Form in der Verwaltung oder dem Betrieb auslegen, beispielsweise das JArbSchG selbst, die zuständige Aufsichtsbehörde (§ 47 JArbSchG) sowie Informationen über Arbeitszeit und Pausen, § 48 JArbSchG. Diese Verpflichtung können Arbeitgeber zukünftig auch in digitaler Form nachkommen, indem diese Unterlagen beispielsweise in Intranet veröffentlicht werden. Auch andere aushangpflichtige Unterlagen nach § 16 ArbZG (das ArbZG selbst sowie die darauf basierenden Dienst- oder Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge und weitere Rechtsverordnungen) können zukünftig digital zur Verfügung gestellt werden, was insbesondere den Bereitstellungsaufwand bei Änderungen an diesen Unterlagen minimiert.
4. Arbeitszeugnisse
Arbeitszeugnisse müssen bisher nach § 630 Satz 3 BGB in der schriftlichen Form verfasst werden. Die Entbürokratisierungsbemühungen der Bundesregierung im Rahmen des BEG IV ermöglichen es Arbeitgebern zukünftig, Arbeitszeugnisse auch in einer elektronischen Form auszustellen – soweit sie über eine qualifizierte elektronische Signatur nach § 126a BGB verfügen. Die Ausstellung in digitaler Form erfordert jedoch die Zustimmung des Beschäftigten.
5. Änderungen für Entleiher nach AÜG
Auch öffentlich-rechtliche Arbeitgeber bedienen sich zeitweise der Arbeitnehmerüberlassung nach Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), was jedoch von der reinen (erlaubnisfreien) Abordnung von Beschäftigten zwischen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes nach § 4 TVöD-Bund/VKA und TV-L zu unterscheiden ist. Bisher mussten öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern im Rahmen der erlaubnispflichtigen, gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung nach AÜG alle relevanten Verträge und Unterlagen schriftlich, oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur, durch den Verleiher zur Verfügung gestellt werden. Diese Überlassungsverträge zwischen Verleiher und Entleiher sollen künftig ebenfalls in Textform, beispielsweise per E-Mail, abgeschlossen werden können. Die Personalverwaltungen der öffentlichen Arbeitgeber müssen jedoch an dieser Stelle ggf. weitere, anderslautende Regelungen beachten, die häufig weiterhin eine Schriftform bei sie bindenden Erklärungen verlangen (z. B. § 31 Abs. 1 Satz 1 ThürKO).
Ergebnis:
Das Bürokratieentlastungsgesetz IV bringt nach Auffassung des Verfassers nur unwesentliche Erleichterungen für die Personalverwaltungen der (öffentlichen) Arbeitgeber aus der arbeitsrechtlichen Perspektive. Der Verzicht auf die Schriftform in den Antragsverfahren nach BEEG und die Ermöglichung der Textform für den Nachweis der wesentlichen Arbeitsvertragsbedingungen sind sicherlich ein richtiger erster Schritt. Zudem blieben, wie unter dem letzten Punkt ausgearbeitet, andere Regelungen unberücksichtigt, die somit die Neuregelung teilweise ins Leere laufen lassen. Daher bleibt aus Sicht der Personalverwaltungen noch erheblicher Vereinfachungsbedarf für das hoffentlich folgende BEG V übrig.
*Tobias R. Thauer ist der Personalleiter der Thüringer Verwaltungsschule (TVS) Weimar und Fachdozent für Arbeits- und Tarifrecht. Aktuelle Seminare: