Altersdiskriminierung in Ausschreibungen bei „erster Führungserfahrung“?

März 12, 2025

von Tobias R. Thauer M.A., Personalleiter TVS Weimar

Personalverantwortliche in der Praxis stehen spätestens seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vor der Herausforderung, Stellenausschreibungen so zu formulieren, dass diese nicht nur ansprechend wirken, sondern auch diskriminierungsfrei sind. Früher übliche Formulierungen in Stellenausschreibungen wie „wir sind ein junges Team“ oder „wir suchen eine Kindergärtnerin für unser Team“ sind aufgrund der damit verbundenen empfindlichen Entschädigungsforderungen bei Diskriminierung unter anderem wegen des Alters oder des Geschlechts von bis zu drei Monatsgehältern nach § 15 Abs. 2 AGG mittlerweile nahezu nicht mehr zu finden. Für die Praxis ist es daher von wesentlicher Bedeutung, die aktuelle Rechtsprechung der Arbeitsgerichtsbarkeit zu verfolgen und im Rahmen von Ausschreibungen zu berücksichtigen.

Entschädigungsanspruch von bis zu drei Monatsgehältern bei Diskriminierung

Trotz der umfangreichen Rechtsprechung kommt es in der arbeitsgerichtlichen Praxis dennoch (leider) immer noch zu Streitigkeiten darüber, ob eine Stellenanzeige gegen das AGG verstößt und Bewerbern ein Schadensersatz wegen einer Diskriminierung zusteht.

Arbeitgeber dürfen nach § 11 AGG nicht dergestalt ausschreiben, dass ein Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG genormte Benachteiligungsverbot vorliegt. Kritisch sind daher vor allem Stellenausschreibungen, die an das Kriterium „Alter“ anknüpfen (z. B. Mindest- oder Höchstalter, Altersspannen).

Im Fall des Landesarbeitsgerichts Köln (LAG Köln, Urt. v. 20.06.2024, Az. 6 Sa 632/23) schrieb ein Arbeitgeber eine Stelle aus, für die er unter anderem „Erste Erfahrung in Führungspositionen“ sowie „Erfahrungen im Vertrieb von Dienstleistungen im B2B-Bereich (…)“  verlangte. Der 1967 geborene Kläger bewarb sich auf diese Stellenausschreibung und erhielt bereits gut zwei Wochen danach eine Absage. Mit seiner auf die Absage folgende Klage macht er eine Entschädigung in Höhe von € 10.500,00 wegen Altersdiskriminierung geltend: Die Formulierung „erste Führungserfahrung“ verweise nach seiner Auffassung auf einen bestimmten Lebenszeitkorridor in einem eher jüngeren Lebensalter (ca. 38-42 Jahre), so dass eine Diskriminierung wegen des Alters vorläge.

Erste Führungserfahrung nur in jüngeren Jahren möglich?

Dieser Auffassung folgte das LAG Köln jedoch nicht und führte aus, dass auch ältere Bewerbende gegebenenfalls lediglich „erste Führungserfahrung“ aufweisen können, bzw. jüngere Bewerbende im genannten Lebenszeitkorridor durchaus bereits umfangreiche Führungserfahrungen aufweisen können, je nach individueller Erwerbsbiografie.

Auch die recht schnelle Absage führe zu keiner anderen Bewertung: vielmehr zeige die mehr als zweiwöchige Zeitdauer, dass der Arbeitgeber sich die Entscheidung nicht leicht gemacht habe. Es fehle daher bereits an einem Indiz für eine Diskriminierung wegen des Alters im Sinne des § 22 AGG. Ein Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG scheide somit aus.

Praxistipp: die Rechtsprechung der Arbeitsgerichtsbarkeit zum AGG betrifft viele Bereiche, sei es der aktuelle Fall des Bundesarbeitsgerichtes BAG zum Thema Überstundenvergütung (Urt. v. 05.12.2024, Az. 8 AZR 370/20) oder die hier dargestellte, allgemein übliche Formulierung bei Ausschreibungen, die nunmehr aus diskriminierungsrechtlicher Sicht als unkritisch zu bewerten ist. Vereinzelten Meinungen im Gefolge der Entscheidung, ungeeigneten Bewerbern lieber nicht zu schnell abzusagen, kann jedoch meines Erachtens nicht gefolgt werden, wenn die Sichtung der eingereichten Bewerbung sachbezogen und nachvollziehbar erfolgt.